Alles Egoisten? Eben doch nicht!
Anuschka Roshani schlussfolgert in einem Artikel ("Tue Gutes und rede darüber! - Der Mensch, sagt die aktuelle Forschung, ist gar nicht so schlecht.") in Das Magazin 50/51, 2010 aus Experimenten von Michael Kosfeld, Professor für Neuroökonomie an der Universität Frankfurt:
[...] Und wieder spielt der Gruppeneffekt: Tricksen alle, sinkt auch die eigene Hemmung, Schindluder zu treiben. Umgekehrt: Sind alle anständig und hilfsbereit, ist man es auch viel eher.
Frage an den Verhaltensökonomen: Existiert nun ein altruistisches Gen oder nicht?
«Viele von unseren Verhaltensgrundlagen sind über Millionen Jahre entwickelt worden und dementsprechend komplex motiviert. Es ist eine Tatsache, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, das sich in seinem Verhalten anderen anpasst, aber Altruismus ist nicht wesens-, sondern situationsbedingt. Das einfache Bild des Homo oeconomicus greift zu kurz.»
Das Entscheidende sei nun, aus dieser Erkenntnis Sozialkapital zu schlagen, sagt Kosfeld. Das Menschenbild positiv umzuschreiben, ohne es zu schönen. Sich stärker um den freiwillig Kooperierenden zu kümmern und weniger um den Homo oeconomicus. Weil damit eine Spirale zum Besseren in Gang gesetzt werden könne: Fängt einer an, gut zu sein, machen die anderen mit.
Es ist, als würde man ein Steinchen ins Wasser werfen - eine gute Tat zieht Kreise. Das Gute setzt sich fort, vermehrt sich, bis zum Schluss viele gute Menschen eine bessere Gesellschaft ergeben.
Jeder ist gefragt, im ersten Schritt aber die Politik, sagt Kosfeld. Die muss das Augenmerk vom Gierigen auf den Fürsorglichen lenken: endlich aufhören mit dem ewigen Lamento, die westliche Gesellschaft werde von Jahr zu Jahr unsolidarischer. Nicht länger klagen, der Kapitalismus gebäre zwangsläufig Charakterschweine, die das soziale Gleichgewicht zu zerstören drohten. Stattdessen müsse sie den öffentlichen Scheinwerfer auf die einzelnen Anstrengungen von Mitmenschlichkeit richten. Denn einiges deutet darauf hin, dass man das Schlechte weg- und das Gute herbeireden kann.
Kontraproduktiv sei es dagegen, von den Egoisten ständig als den Cleveren zu sprechen und von den sozial Engagierten als den dummen Gutmenschen mit Helferkomplex. Vielleicht ist dieser Spott über das Gutmenschentum ein letztes Erbe der 68er-Bewegung. Vielleicht hat sich deren Frustration, nicht die beste aller möglichen Welten erreicht zu haben, in Zynismus verkehrt. [...]
[...] Und wieder spielt der Gruppeneffekt: Tricksen alle, sinkt auch die eigene Hemmung, Schindluder zu treiben. Umgekehrt: Sind alle anständig und hilfsbereit, ist man es auch viel eher.
Frage an den Verhaltensökonomen: Existiert nun ein altruistisches Gen oder nicht?
«Viele von unseren Verhaltensgrundlagen sind über Millionen Jahre entwickelt worden und dementsprechend komplex motiviert. Es ist eine Tatsache, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, das sich in seinem Verhalten anderen anpasst, aber Altruismus ist nicht wesens-, sondern situationsbedingt. Das einfache Bild des Homo oeconomicus greift zu kurz.»
Das Entscheidende sei nun, aus dieser Erkenntnis Sozialkapital zu schlagen, sagt Kosfeld. Das Menschenbild positiv umzuschreiben, ohne es zu schönen. Sich stärker um den freiwillig Kooperierenden zu kümmern und weniger um den Homo oeconomicus. Weil damit eine Spirale zum Besseren in Gang gesetzt werden könne: Fängt einer an, gut zu sein, machen die anderen mit.
Es ist, als würde man ein Steinchen ins Wasser werfen - eine gute Tat zieht Kreise. Das Gute setzt sich fort, vermehrt sich, bis zum Schluss viele gute Menschen eine bessere Gesellschaft ergeben.
Jeder ist gefragt, im ersten Schritt aber die Politik, sagt Kosfeld. Die muss das Augenmerk vom Gierigen auf den Fürsorglichen lenken: endlich aufhören mit dem ewigen Lamento, die westliche Gesellschaft werde von Jahr zu Jahr unsolidarischer. Nicht länger klagen, der Kapitalismus gebäre zwangsläufig Charakterschweine, die das soziale Gleichgewicht zu zerstören drohten. Stattdessen müsse sie den öffentlichen Scheinwerfer auf die einzelnen Anstrengungen von Mitmenschlichkeit richten. Denn einiges deutet darauf hin, dass man das Schlechte weg- und das Gute herbeireden kann.
Kontraproduktiv sei es dagegen, von den Egoisten ständig als den Cleveren zu sprechen und von den sozial Engagierten als den dummen Gutmenschen mit Helferkomplex. Vielleicht ist dieser Spott über das Gutmenschentum ein letztes Erbe der 68er-Bewegung. Vielleicht hat sich deren Frustration, nicht die beste aller möglichen Welten erreicht zu haben, in Zynismus verkehrt. [...]
Chutney - 27. Jan, 10:14