Das grösste NATO-Manöver seit Ende des Kalten Krieges
von Michael Christen, GSoA-Zitig, August 2016
Im Juni 2016 fand in Polen das grösste Nato-Manöver seit dem Ende des Kalten Krieges statt. 31’000 Soldaten aus 24 Nato- Staaten und verbündeten Nationen übten im Rahmen der Übung «Anaconda 16» die Verteidigung Polens gegen einen «imaginären Feind aus dem Osten».
Insgesamt 3000 Fahrzeuge und Panzer, 105 Flugzeuge und Helikopter, zwölf Kriegsschiffe und 31’000 Soldaten wurden in Stellung gebracht, um die Ostgrenze der Nato gegen einen Angriff aus Ländern mit Fantasienamen wie Bothnia oder Torrike zu verteidigen. Die Übung begann mit dem Absprung von 2000 Fallschirmjägern in der polnischen Ortschaft Swidwin. Es ging darum, Territorien zu erobern und zu sichern. Zudem wurden unter anderem Flug- und Raketenübungen, der Umgang mit biologischen, chemischen oder nuklearen Bedrohungen sowie Hubschrauberangriffe bei Nacht geübt. Das Konzept der Übung «Anaconda 16» war nicht auf eine offizielle Kriegserklärung ausgelegt, sondern auf einen verdeckten Angriff. Gemäss dem Narrativ der Übung wurde Polen von der Ostsee aus von einer «roten Gruppe» attackiert. Gleichzeitig sickerten bei der Übung nicht markierte Soldaten von Norden und Süden in Polen ein. Man muss kein Militärexperte sein, um das Szenario der Übung zu verstehen. Sowohl bei dieser «roten Gruppe» als auch bei den nicht markierten Soldaten handelte es sich offensichtlich um russische Streitkräfte, die in Polen einmarschierten. Besonders perfide war die Anspielung auf die nicht markierten Spezialeinheiten, an deren grüner Uniform keine Hoheitsabzeichen zu sehen waren. Dies erinnert stark an die sogenannten «grünen Männchen», die im Jahre 2014 plötzlich auf der Krim auftauchten, sich «Selbstverteidiger der russisch- sprachigen Bevölkerung der Krim» nannten und Kasernen, Rathäuser und schliesslich sogar das Parlament besetzten.
Die Nato übte also einen Angriff Russlands auf Polen – und dies kurz vor dem Nato-Gipfel ebendort. Offiziell handelte es sich bei «Anaconda 16» zwar nicht um ein Nato-Manöver. Die Übungen «Anaconda 16» finden seit 2006 alle zwei Jahre als nationale polnische Manöver statt; 2014 waren gesamthaft ca. 13’000 polnische Soldaten involviert. Dieses Jahr entsandte alleine die USA 14’000 Soldaten. Die Botschaft ist leicht ersichtlich und wurde von Polens Präsident Andrzej Duda offen kommuniziert: «Das Ziel der Übung ist klar, wir bereiten uns auf einen Überfall vor. » Der polnische Verteidigungsminister Antoni Macierewicz sprach vom Ziel, «die Fähigkeit der Allianz zur Verteidigung der Ostflanke zu testen.» Bei der Krim-Annexion und im Konflikt in der Ostukraine wandte Russland Taktiken und Strategien einer sogenannten hybriden Kriegsführung an. Die Verteidigung gegen diese Taktiken übte die Nato nun bei «Anaconda 16». Es ging also darum, Putins Russland abzuschrecken, um einen Einmarsch im Baltikum zu verhindern.
«Anaconda 16» war die grösste Übung der Nato-Staaten seit dem Ende des Kalten Krieges vor gut 25 Jahren. Ausserdem fand die Übung genau 75 Jahre nach dem Beginn des Vernichtungskrieges von Nazideutschland in Russland statt. Russland kritisierte das Manöver entsprechend scharf. Die Übung trage nicht dazu bei, eine Atmosphäre von Vertrauen und Sicherheit zu schaffen, sagte beispielsweise Kremlsprecher Dimitri Peskow. Es gebe ein Vertrauensdefizit im Verhältnis zum Westen. Insbesondere die geplante Teilnahme von Nicht-Mitgliedern der Nato wie etwa der Ukraine oder Georgien wurde vom Kreml wenig begeistert aufgenommen.
Wie sich «Anaconda 16» auf das Verhältnis Nato-Russland auswirkt, bleibt abzuwarten. Die Übung dürfte aber kaum zu einer Verbesserung der Beziehungen beigetragen haben. Die gegenseitigen Provokationen Russlands und der Nato bringen Europa nicht voran. Russland hat seit dem Ende des Kalten Krieges zumindest bis vor kurzem keine Grenzverschiebungen nach Westen vorgenommen, die Nato hingegen hat mit dem Beitritt der Länder im Baltikum ihre Grenzen weiter nach Osten verschoben. Schon Ende der 90er Jahre warnte John F. Kennan, ein US-amerikanischer Historiker und Diplomat, dass die Osterweiterung der Nato der verhängnisvollste Fehler der amerikanischen Politik in der Ära nach dem Kalten Krieg sei. Oder um es mit Willy Brandt zu sagen: Sicherheit und Frieden in Europa kann es nur mit Russland geben. Die von den USA dominierte Nato ist also weiterhin mehr Problem als Lösung.
Anzufügen ist noch, dass Georgien schlussendlich nicht an der Übung teilgenommen hat, weil sich zwei georgische Soldaten zuvor bei ihren Kindern mit Windpocken angesteckt hatten. Daraufhin blieb die ganze Kompanie zu Hause.
Im Juni 2016 fand in Polen das grösste Nato-Manöver seit dem Ende des Kalten Krieges statt. 31’000 Soldaten aus 24 Nato- Staaten und verbündeten Nationen übten im Rahmen der Übung «Anaconda 16» die Verteidigung Polens gegen einen «imaginären Feind aus dem Osten».
Insgesamt 3000 Fahrzeuge und Panzer, 105 Flugzeuge und Helikopter, zwölf Kriegsschiffe und 31’000 Soldaten wurden in Stellung gebracht, um die Ostgrenze der Nato gegen einen Angriff aus Ländern mit Fantasienamen wie Bothnia oder Torrike zu verteidigen. Die Übung begann mit dem Absprung von 2000 Fallschirmjägern in der polnischen Ortschaft Swidwin. Es ging darum, Territorien zu erobern und zu sichern. Zudem wurden unter anderem Flug- und Raketenübungen, der Umgang mit biologischen, chemischen oder nuklearen Bedrohungen sowie Hubschrauberangriffe bei Nacht geübt. Das Konzept der Übung «Anaconda 16» war nicht auf eine offizielle Kriegserklärung ausgelegt, sondern auf einen verdeckten Angriff. Gemäss dem Narrativ der Übung wurde Polen von der Ostsee aus von einer «roten Gruppe» attackiert. Gleichzeitig sickerten bei der Übung nicht markierte Soldaten von Norden und Süden in Polen ein. Man muss kein Militärexperte sein, um das Szenario der Übung zu verstehen. Sowohl bei dieser «roten Gruppe» als auch bei den nicht markierten Soldaten handelte es sich offensichtlich um russische Streitkräfte, die in Polen einmarschierten. Besonders perfide war die Anspielung auf die nicht markierten Spezialeinheiten, an deren grüner Uniform keine Hoheitsabzeichen zu sehen waren. Dies erinnert stark an die sogenannten «grünen Männchen», die im Jahre 2014 plötzlich auf der Krim auftauchten, sich «Selbstverteidiger der russisch- sprachigen Bevölkerung der Krim» nannten und Kasernen, Rathäuser und schliesslich sogar das Parlament besetzten.
Die Nato übte also einen Angriff Russlands auf Polen – und dies kurz vor dem Nato-Gipfel ebendort. Offiziell handelte es sich bei «Anaconda 16» zwar nicht um ein Nato-Manöver. Die Übungen «Anaconda 16» finden seit 2006 alle zwei Jahre als nationale polnische Manöver statt; 2014 waren gesamthaft ca. 13’000 polnische Soldaten involviert. Dieses Jahr entsandte alleine die USA 14’000 Soldaten. Die Botschaft ist leicht ersichtlich und wurde von Polens Präsident Andrzej Duda offen kommuniziert: «Das Ziel der Übung ist klar, wir bereiten uns auf einen Überfall vor. » Der polnische Verteidigungsminister Antoni Macierewicz sprach vom Ziel, «die Fähigkeit der Allianz zur Verteidigung der Ostflanke zu testen.» Bei der Krim-Annexion und im Konflikt in der Ostukraine wandte Russland Taktiken und Strategien einer sogenannten hybriden Kriegsführung an. Die Verteidigung gegen diese Taktiken übte die Nato nun bei «Anaconda 16». Es ging also darum, Putins Russland abzuschrecken, um einen Einmarsch im Baltikum zu verhindern.
«Anaconda 16» war die grösste Übung der Nato-Staaten seit dem Ende des Kalten Krieges vor gut 25 Jahren. Ausserdem fand die Übung genau 75 Jahre nach dem Beginn des Vernichtungskrieges von Nazideutschland in Russland statt. Russland kritisierte das Manöver entsprechend scharf. Die Übung trage nicht dazu bei, eine Atmosphäre von Vertrauen und Sicherheit zu schaffen, sagte beispielsweise Kremlsprecher Dimitri Peskow. Es gebe ein Vertrauensdefizit im Verhältnis zum Westen. Insbesondere die geplante Teilnahme von Nicht-Mitgliedern der Nato wie etwa der Ukraine oder Georgien wurde vom Kreml wenig begeistert aufgenommen.
Wie sich «Anaconda 16» auf das Verhältnis Nato-Russland auswirkt, bleibt abzuwarten. Die Übung dürfte aber kaum zu einer Verbesserung der Beziehungen beigetragen haben. Die gegenseitigen Provokationen Russlands und der Nato bringen Europa nicht voran. Russland hat seit dem Ende des Kalten Krieges zumindest bis vor kurzem keine Grenzverschiebungen nach Westen vorgenommen, die Nato hingegen hat mit dem Beitritt der Länder im Baltikum ihre Grenzen weiter nach Osten verschoben. Schon Ende der 90er Jahre warnte John F. Kennan, ein US-amerikanischer Historiker und Diplomat, dass die Osterweiterung der Nato der verhängnisvollste Fehler der amerikanischen Politik in der Ära nach dem Kalten Krieg sei. Oder um es mit Willy Brandt zu sagen: Sicherheit und Frieden in Europa kann es nur mit Russland geben. Die von den USA dominierte Nato ist also weiterhin mehr Problem als Lösung.
Anzufügen ist noch, dass Georgien schlussendlich nicht an der Übung teilgenommen hat, weil sich zwei georgische Soldaten zuvor bei ihren Kindern mit Windpocken angesteckt hatten. Daraufhin blieb die ganze Kompanie zu Hause.
Chutney - 28. Aug, 12:16